Samstag, 29. September 2007

5 Gründe, warum uns dieses Land nicht will + 5 warum wir hier bleiben würden


Ich finde Anna hat unseren DownSouthTrip ins Innere Perus schon sehr treffend zusammengefasst. Da nun alle Daten und Highlights erwähnt wurden, werde ich mich mit der Analyse befassen, die zu jedem guten Aufsatz gehört. Wir sind jetzt ca. 6 Wochen hier und haben so ziemlich alles mitgemacht.

It's Payday.

Thesis: Pro und Kontra - PERU

Fangen wir mal mit Kontra an:

1. Peru an sich

Nein Quatsch. Nochmal.

1. Die Logik. Wie kann man in einem Land leben, in dem man z.B. vor der Kirche Kerzen kaufen kann, 1 für 30cent, 3 für 1 Sol (auch hier sind 100centimos = 1 Sol), in dem einem im Kiosk extra 2Sol Pfand auf dem Schrank zurückgelegt werden, damit man am nächsten Tag 2Sol aus der Kasse bekommt oder in dem die OP Schwestern einem einen neuen sterilen Kittel aufnötigt, weil man sich angeblich "unsteril" gemacht hat - dabei aber selber mit einer unsterilen Zange Instrumente zum Operieren anreicht. Und nein, in der amerikanischen Botschaft braucht niemand englisch zu sprechen.


2. Der Peruaner. Ja es gibt ihn. Den Prototyp-Peruaner, genauso wie es den Prototyp-Amerikaner gibt. Der gemeine Einheimische - oder zumindest die Masse, die wir täglich erleben, erweist sich als distanzlos, nicht wirklich gut riechend, laut, manierlos (vordrängelnd und nasepopelnd), unlogisch (siehe Punkt 1) und "vertically challenged", wie man so schön sagt.


3. Lima, das Wetter und der Verkehr. Furchtbar. Gerade habe ich erfahren, dass der Sommer dieses Jahr wohl erst im Februar eintrifft. Die Sonne wohnt hier immer noch über den Wolken und wenn ich den Urlaub nicht gehabt hätte, wäre ich mir garnicht mehr sicher, ob ich überhaupt noch einen Schatten werfen kann ... obwohl - wenn ich Glück habe, ist das etwas, das man nicht verlernt. Und Autofahren können sie nicht. So überhaupt nicht. Man wird ständig un von allen angehupt: ob Bus, collectivo oder Taxi. Ganz egal ob man auf der andern Strassenseite läuft, in der Gegend herumstarrt oder in der Nase bohrt - jedes Vehicel möchte Aufmerksamkeit und potentielle Mitfahrer auf sich ziehen. Man kann sich ja vorstellen, was los ist, wenn das alle gleichzeitig machen.
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4. MachuPicchu und die Tourifalle. Ich gebe es ja zu - ich wollte Peru nicht verlassen ohne diesen blöden Berg gesehen zu haben. Aber habt ihr Anna's Bericht gelesen? Ich zahle doch nicht über 100$ für diesen armseligen Monopolszug und den Eintritt, wenn Einheimische sage und schreibe nur 10Soles (umgerechnet 2Euro50) zahlen. Bin ich denn ganz doof? Als Tourist wird man hier an allen Ecken und Enden über's Ohr gehauen, ob beim Taxi fahren, bei Sehenswürdigkeiten oder sonstwo. Mit uns kann man's ja machen. Und ich hab MachuPicchu auch noch zum Weltwunder gewählt, ich Depp.
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5. Agua Caliente. Heisses Wasser. Scheint es hier nur zu geben, wenn man sich einen Tee machen will. Aus der Thermoskanne. Es gibt weder hier in Lima 24/7 heisses Wasser zum Duschen, noch in den Backpackern, in denen wir unterwegs waren. Trotz vorheriger Anfrage. In Puno zum Beispiel hatte Anna morgens garkein Wasser, Sigi und ich dann Gletscherwasser und Moritz glaube ich hätte sich fast verkocht. Siehe Punkt 1. In Deutschland nehme ich erstmal eine ganz ausgiebige heisse Dusche!

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Pro:

1. Alltagskosten (wenn man sich auskennt). Hier in Peru kann man prima gut und günstig überall essen. Und die, die mich kennen wissen um meinen grossen Appetit und meine Unausstehlichkeit, sollte dieser nicht zügig gestillt werden. An jeder Ecke findet man zu bestimmten Zeiten "menus" für eine Handvoll Soles, aber auch in Supermärkten gibt es ein Meer an Obst, Gemüse und Meeresfrüchten für supererschwingliche Preise.
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2. Reisen. Wie schon gesagt. Huancayo, Arequipa, der Titicacasee und seine Inseln, Cusco - alles besondere Städte bzw Landschaften, die man wirklich gesehen haben sollte. Städte mit Flüssen haben mich schon immer fasziniert und hier dann immer noch die Berge anbei oder Ebenen mit grasenden Lamas - ein Traum! Und dann klar, Isla Amantani. Morgens nach der besagten ungeduschten Nacht aufstehen, klare kühle Luft, das blaue Meer vor der Tür, Eukalyptusbäume, die sich im Takt wiegen, ein 1 Tag altes Lämmchen, das einem um die Beine streicht, Kokatee zum Frühstück mit Schmalzteigkringeln (so sah es zumindest aus, hauptsache echt amantani ;)) - DAS ist Urlaub. Mein persönliches Highlight. (Wären da die Treppen nicht gewesen.) Aber auch Cusco ist auf jeden Fall sehenswert. Eine romantische, alte, verwinkelte Stadt mit vielen Kirchen, Museen, bunten Cafés und Kneipen. Man fühlt sich gleich ein wenig zu Hause in diesem WirrWarr mit Einheimischen, Amerikaner, Franzosen, Japanern und natürlich den überall vertretenen Deutschen. Haben die denn kein zu Hause?
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3. Pisco Maracuja:
1 Tasse Pisco
1 Tasse Goma Espumante
1 Tasse frisch gepresstes Maracujamus
1 Eiweiss
viel Crushed Ice

Alles in den Blender. Einmal getrunken und nie wieder etwas anderes. Ausser einem klitzekleinen Mojito vielleicht.
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4. Alfajores und Churros. Essen. Überrascht? Ersteres sind butterweiche Kekse mit Manjar blanco Füllung (eine Art Karamell), die einem einfach nur auf der Zunge zergehen. Churros, frittierte Teigwürstchen mit Füllung. Da ist man auch nicht mehr verwundert, warum alle hier Gallensteine haben. Aber soo lecker!


5. Ausländer. Durch unseren irgendwo zwischen Touri-sein-und-reisen-und-hier-arbeiten-und-wohnen-Status lernt man viele nette und witzige Nicht-Peruaner kennen. Das umfasst sowohl Mitreisende als auch Mitbewohner.


(6. Billardspielen. Die Tische hier sind so gewitzt konstruiert, dass man sich über 3 Stunden lang mit einem einzigen Spiel beschäftigen kann!)



Evaluation:

Jetzt habe ich mich selber etwas verwirrt. Fassen wir also zusammen. Peru erweist sich als äusserst vielseitiges und spannendes Land, wenn man es als Tourist bereisen möchte. Es wird einem alles geboten: das Meer und die Küste, die Kordillen, der Urwald am Amanzonasbecken (Mist, das wollte ich auch noch sehen), der höchste Binnensee der Welt, die tiefste Schlucht der Welt (nein es ist nicht der Grand Canyon - es ist Colca Canyon!), der höchste Bahnhof der Welt, ok und das Weltwunder.

Wenn man jedoch bedenkt, was uns alles schon passiert ist (ganz zu Beginn der verpasste Anschlussflug, Anna's geklaute Jeans, mein Pech bei der ersten Station im Krankenhaus als persönlicher Stein im Brett des Chefs, mein geklauter Rucksack, Kamera, die Pässe, das Geld, die Kreditkarten, das Erdbeben, der Meteoreinschlag in Puno kurz vor der Anreise, die MachuPicchu Misere, ein zweiter gecancelter Flug ab Cusco, heute der Brand im Bus), beschleicht einen so langsam das Gefühl wir wären hier nicht willkommen. Wo das wohl herkommt .. Auf jeden Fall gibt uns das zu denken. So allmählich. Aber man soll uns nicht nachsagen wir hätten es nicht versucht! Peru - Deine letzte Chance ist gekommen. Nutze sie!



Mit nachdenklichen Grüssen,

Laura

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